Frankreich

Foto: Karl Arne RichterFoto: Karl Arne RichterFrankreich liegt bei den V 100-Exporten auf dem ersten Platz. Bereits Ende der 1990er Jahre wurden erste "V211" [sprich: "Wehdözohntohnze"] nach Frankreich zugeführt und linderten dort den durch TGV-Neubaumaßnahmen enstandenen Lokmangel bei privaten Gleisbaufirmen.

 

In Frankreich sind genau wie in Deutschland und anderen Ländern viele private Gleisbaufirmen tätig, wovon einige eine bemerkenswert lange Tradition haben. Schon im Dampfzeitalter gab es in Frankreich auf Gleisbau spezialisierte Firmen, die bereits damals über eigene eigene Lokomotiven verfügten, welche zumeist gebraucht von Händlern und großen Industriebetrieben gekauft wurden. Die älteste der französischen Gleisbaufirmen ist SECO, die heute als Teil eines großen Baukonzerns als COLAS RAIL SA firmiert. Die SNCF hatte ihre eigenen Arbeitszüge damals mit eigenen alten Dampfloks bespannt, genau wie es die Deutsche Bundesbahn auch tat.

 

Foto: Karl Arne RichterIn den 1970er Jahren und Anfang der 1980er Jahre bis etwa 1983 erwarben die französischen Bahnbaufirmen eigene Diesellokomotiven, um unabhängig von der SNCF agieren zu können. Als dann in den 80er Jahren die Arbeiten an der TGV Atlantique begannen, benötigte die SNCF auf einmal selbst viele Streckendiesellokomotiven für die Traktion der schweren Schotterzüge. Die Gleisbaufirmen waren gezwungen, selbst nach Alternativen zu suchen. Zuerst behalfen sie sich mit leichtere Maschinen wie Y51100 und C61000, Loks in der Leistungsklasse der deutschen V60. Als die SNCF die minimale Höchstgeschwindigkeit der Gleisbau-Streckenloks auf 100 km/h erhöhte, wurden diese Loks (Vmax 40 und 60 km/h) alle unbrauchbar. Gleiches gilt für die Reihe BB 63000 (Vmax 90 km/h).

Foto: Karl Arne RichterAls Ersatz wurden man in Deutschland fündig, wo die DB gerade im großen Stil die Reihe 211 ausmusterte. Von der Leistung her die ideale Maschine, vom Antrieb her nicht. Die französischen Lokführer und Mechaniker waren mit Diesel-Hydraulik nicht vertraut, waren doch die SNCF-Streckenloks alle diesel-elektrisch. Das eine nach dem andere Getriebe ging zu Bruch, aber man lernte schnell. Und bei niedrigen Geschwindigkeiten ist ein hydraulisches Getriebe einem älteren elektrischen Antrieb mit Gleichstrommotoren überlegen. So kamen die ersten 211 in 1990 nach Frankreich, 1992 waren schon 34 bei verschiedenen Gleisbaufirmen in Betrieb. 1994 waren es 50, heute sind es fast 120 V 100, rund ein Sechstel aller gebauten Maschinen. Der Import der Maschinen wurde größtenteils über die deutschen Firmen Layritz, On Rail und NEWAG abgewickelt.

 

Foto: Karl Arne RichterDie Loks wurden für den Einsatz in Frankreich angepaßt und dabei u.a. die Dampfheizung entfernt und die Mehrzahl der Loks mit Caterpillar-Motoren remotorisiert.  Einige der V 100 sind mit dem TVM 430-Sicherheitssystem nachgerüstet und damit auf TGV-Strecken zugelassen.

 

Private Bauzugloks in Frankreich bekamen von der SNCF eine sogenannte Numero d'Agrément. Für Streckenlokomotiven begann diese mit AT3. Vor dem Jahr 2000 war dies an die Region gebunden, wobei Buchstabenkombinationen wie PSE oder PN die Region andeuteten, gefolgt von einer dreistelligen Nummer. Seit 2000 waren diese für ganz Frankreich einheitlich und wurden von einem zentralen Büro aus vergeben. Erst Anfang 2003 konnte eine Vereinheitlichung erzielt werden, seit Ende 2004 entfallen diese Numero d'Agrément jedoch zu Gunsten einer Nummer des nationalen Fahrzeugregisters NVR ("national vehicle register").

 

Im Frühjahr 2011 gelangten auch die ersten, bei der ALSTOM Lokomotiven Service GmbH (ALS) in Stendal vollmodernisierten V 100 der Type BR 214 nach Frankreich.